Andere Therapien

Die moderne Medizin bietet eine Reihe von Möglichkeiten, einen Immundefekt zu behandeln – von der Stärkung des Immunsystems bis zur Schwächung der Krankheitserreger. Worauf bei der Behandlung zu achten ist und wie eine Selbstbehandlung möglich sein kann, erfahren Sie im Folgenden.

Impfungen bei Immundefekten: Schutz oder Risiko?

Impfungen dienen dem langfristigen Schutz vor Infektionskrankheiten. Bei Menschen mit einer Immunschwäche oder einem Immundefekt kann das Immunsystem aber möglicherweise keinen oder nur einen geringen Schutz aufbauen. Außerdem können bestimmte Impfformen ein Infektionsrisiko für Betroffene darstellen.

Lesen Sie hier, welche Impfstoffe wie wirken und was Patienten mit einem Immundefekt beachten sollten.

Wie wirken Impfstoffe?

Bei Impfstoffen werden grundsätzlich drei Arten unterschieden: 

Lebendimpfstoffe: Sie enthalten stark abgeschwächte Krankheitserreger, die – abgesehen von seltenen leichten Impf-Symptomen – keine Erkrankung auslösen können.

Totimpfstoffe: Für sie werden abgetötete, nicht mehr vermehrungsfähige Viren oder Bakterien verwendet – oder auch nur bestimmte Bestandteile eines Erregers (z. B. die Virushülle).

mRNA-Impfstoffe: Diese neuere Impfstoff-Form enthält keine abgeschwächten oder abgetöteten Erreger wie die klassischen Impfstoffe. Stattdessen wird ein kleiner Teil des Bauplans (mRNA) des Erregers verwendet. Die Impfstoffe dieser Arten aktivieren das körpereigene Immunsystem. Deshalb wird ihre Verabreichung als aktive Immunisierung bezeichnet. 

Als sogenannte Impfreaktion bildet das Immunsystem unter anderem Antikörper und Gedächtniszellen . Die Antikörper dienen der direkten Abwehr der Erreger, während die Gedächtniszellen Informationen zum Erreger und dem passenden Antikörper speichern. Das Immunsystem eines aktiv immunisierten Menschen kann so bei einem erneuten Kontakt mit dem Erreger deutlich schneller und gezielter reagieren. Auch wenn die Infektion erneut auftritt, ist der Körper dann in der Lage, die Krankheitssymptome abzuwehren.

Impfungen bei Immundefekt: Was ist zu beachten?

Impfungen stellen für Personen mit einem Immundefekt einen wichtigen Teil der Therapie dar. Die Impfreaktion kann jedoch – je nach Form des Immundefekts – sehr unterschiedlich ausfallen. Das hängt davon ab, welche Teile des Immunsystems betroffen sind.

Personen mit einem schweren Immundefekt (wie dem schweren kombinierten Immundefekt SCID) sollten keine Lebendimpfstoffe erhalten, da ihr Immunsystem sie nicht ausreichend schützt. Es besteht das Risiko, dass die lebenden Erreger des Impfstoffs bei ihnen eine schwere Erkrankung auslösen. Zu den am häufigsten eingesetzten Lebendimpfstoffen zählen Impfstoffe gegen Masern, Kinderlähmung und Windpocken. 

Die Verabreichung von Totimpfstoffen ist dagegen mit keinem erhöhten Risiko verbunden. Hier kann es jedoch – je nach Art des Immundefekts – zu einer geringeren oder komplett ausbleibenden Immunreaktion kommen, sodass der Körper danach keinen ausreichenden Schutz gegen den Erreger besitzt. Deshalb empfiehlt es sich, nach der Impfung den Antikörperspiegel mithilfe eines Bluttests messen zu lassen.

Gemeinsam sichergehen!

Die Entscheidung für oder gegen eine Impfung sollten Sie nur mit einem Arzt oder einer Ärztin treffen, die über Ihren Immundefekt gut informiert ist. So können Sie sichergehen, dass die Impfung Sie oder Ihr Kind schützt und keine Gefahr birgt.
 

Fremdschutz ist Eigenschutz

Neben der eigenen Impfung ist für Personen mit einem Immundefekt auch die Impfung von Menschen in ihrer direkten Umgebung hilfreich. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich Betroffene aufgrund ihres Immundefekts nicht impfen lassen dürfen. Der Impfschutz der anderen sorgt für eine geringere Verbreitung von Krankheitserregern im direkten Umfeld und schützt damit auch die Betroffenen.

Vorsicht ist jedoch geboten, wenn eine Person im direkten Umfeld kürzlich mit einem Lebendimpfstoff (vor allem gegen Windpocken) geimpft wurde. Die stark abgeschwächten Erreger in unmittelbarer Umgebung können ein Infektionsrisiko für Betroffene darstellen und sind möglicherweise in der Lage, bei ihnen eine Erkrankung auszulösen.

Daher gilt: Informieren Sie sich bei Familienmitgliedern und Freunden, insbesondere bei häufigem Kontakt, über den aktuellen Impfschutz und meiden Sie den Kontakt mit frisch geimpften Personen für mindestens zwei Wochen.

Wichtig!

Der Kontakt mit einer infizierten Person – insbesondere bei einer Windpockenerkrankung – kann ein großes Risiko für Betroffene darstellen. Melden Sie daher einen solchen Kontakt direkt Ihrem behandelnden Arzt oder Ihrer behandelnden Ärztin. Es besteht die Möglichkeit, Ihr Immunsystem gegen das entsprechende Virus zu unterstützen, indem Sie spezifische Antikörper  erhalten. Diese sogenannte passive Immunisierung sollte bei Kontakt mit Windpockenpatient:innen innerhalb von 96 Stunden erfolgen. 
 


Antibiotika: Eine wichtige Säule der Infektbehandlung bei Immundefekten

Antibiotika sind bei Patienten mit Immundefekten ein wertvoller Bestandteil der Behandlung. Sie werden bei akuten bakteriellen Infektionen – manchmal sogar vorbeugend – eingesetzt und vermindern die Häufigkeit und Schwere von Infektionen. Eine fehlerhafte Anwendung kann jedoch zu Resistenzen der Bakterien führen und einen Therapieerfolg gefährden.

Lesen Sie hier, wie Antibiotika wirken und worauf Sie bei der Einnahme achten sollten.

Funktionsweise von Antibiotika

Seit Entdeckung der Antibiotika vor etwa 100 Jahren wurden viele unterschiedliche Antibiotikaklassen entwickelt, deren Vertreter jeweils spezifisch auf Bakterien einwirken (z. B. durch Eingriff in ihren Stoffwechsel). Grundsätzlich lassen sich zwei Wirkweisen unterscheiden:

  • Antibiotika mit bakteriostatischer Wirkweise (sog. Bakteriostatika) hemmen die Vermehrung der Bakterien, töten sie jedoch nicht ab.
  • Antibiotika mit bakterizider Wirkweise (sog. Bakterizide) töten die Bakterien. 

Die Auswahl eines Antibiotikums durch den Arzt oder die Ärztin richtet sich nach den Eigenschaften (z. B. Aufbau der Zellwand) der bakteriellen Erreger, die bekämpft werden sollen. Manche Antibiotika wirken sehr gezielt gegen wenige Bakterienarten, während die sogenannten Breitbandantibiotika eine Vielzahl verschiedener Bakterien bekämpfen können. 

Resistenz: Wenn das Antibiotikum nicht mehr wirkt

Bakterien können im Verlauf der Therapie resistent gegen das eingesetzte Antibiotikum werden. Der Wirkstoff ist dann nicht mehr in der Lage, die Bakterien abzutöten oder ihre Vermehrung zu hemmen. Das Antibiotikum und eventuell auch andere Antibiotika mit ähnlichem Wirkprinzip sind nun wirkungslos. 

Resistenzen entwickeln sich aufgrund der verstärkten Verschreibung von Antibiotika und dem vermehrten Einsatz von Breitbandantibiotika. Dabei besteht auch die Gefahr, dass sich sogenannte multiresistente Bakterien entwickeln. Diese sind gegen mehrere unterschiedliche Antibiotika unempfindlich.

Wichtig!

Nehmen Sie ein Antibiotikum immer so ein, wie Ihr Arzt oder Ihre Ärztin es verordnet hat, und brechen Sie die Einnahme nicht vorzeitig ab. Denn dies fördert die Entstehung resistenter Bakterien. 
 

Einsatz von Antibiotika bei Patient:innen mit Immundefekt

Bei der Behandlung von Patient:innen mit Immundefekt können Antibiotika sehr hilfreich sein. Ob und wie sie eingesetzt werden, richtet sich nach folgenden Fragestellungen:

  • Wie schwerwiegend ist der Immundefekt? Besteht ein schwerer Immundefekt mit einem ausgeprägten Antikörpermangel, kann eine antibiotische Prophylaxe (zur Vorbeugung von Infektionen) verordnet werden. Sie kommt insbesondere dann in Betracht, wenn ein Patient trotz Behandlung mit Immunglobulinen an wiederkehrenden Infektionen mit dem gleichen bakteriellen Erreger leidet . Auch bei Patienten mit einem milden Antikörpermangel, die keine Immunglobulin-Ersatztherapie erhalten, umfasst der Therapieplan häufig ein Antibiotikum zur Infektionsprophylaxe. 
  • Wie schwer ist die Infektion? Bei milden Infektionen unterbleibt in der Regel eine Antibiotikatherapie. 

Tipps für die Einnahme von Antibiotika 

  • Verzichten Sie auf den Konsum von Alkohol. Dieser kann in Kombination mit einigen Antibiotika zu Kopfschmerzen oder auch Herzrhythmusstörungen führen.
  • Manche Antibiotika können sich mit Kalzium aus Milchprodukten verbinden und so an Wirkung verlieren. Vermeiden Sie Milchprodukte oder halten Sie einen zeitlichen Abstand von mindestens zwei Stunden zur Einnahme von Antibiotika ein.
  • Vereinzelt treten bei einer antibiotischen Behandlung Magen-Darm-Beschwerden auf. Auch allergische Hautreaktionen oder Juckreiz sind möglich. Wenden Sie sich bei Nebenwirkungen an Ihren behandelnden Arzt oder Ihre behandelnde Ärztin.